Analina ist 25 Jahre alt und trat im Juni 2017 ins Dialogos ein. Gemeinsam mit Analina sitze ich an der Sonne und wir tauschen aus. Analina erzählt, was sich für sie verändert hat, seit sie ins Dialogos eingetreten ist:

«Viel zu früh kam ich in falsche Kreise und konsumierte erstmals Drogen, als ich in der Oberstufe war, fehlte ich immer häufiger in der Schule. Ich wurde eines Tages, als ich in der Schule anwesend war abgeholt und in die psychiatrische Klinik gebracht. Ich erinnere mich, dass ich wie ein Baby weinte, als ich abgeholt wurde. Ich war seither mehr als zwanzig Mal in der Klinik. Ich bekam die Diagnose Schizophrenie und litt unter Angst und Wahnvorstellungen. Um damit klarzukommen, konsumierte ich weiter verschiedene Drogen. Ich konnte keinen Beruf lernen und wohnte bei einem Freund. Nach einem Beziehungsabbruch folgten weitere Beziehungen. Ich wurde manipuliert und viele Jahre von mehreren Männern missbraucht und ausgenützt. Ich begann meinen Körper zu hassen. Während den Klinikzeiten beobachtete ich ständig, ob mich jemand an meine traumatischen Ereignisse erinnert. Gerüche und bestimmte Gesten reichten, um Klinikaufenthalte abzubrechen und wieder in die alten Verhältnisse auszutreten.

Dies ist nun mein erstes betreutes Wohnen. Langsam, langsam verändern sich Ängste und negative Gedanken – das ist ein riesiger Fortschritt für mich. Es geht mir psychisch besser. Nun denke ich nicht mehr immer daran, dass jemand mir Böses tun will. Ich versuche hier wieder glücklich zu werden. Ich sitze an der Sonne, höre anderen zu und lerne, wieder ein Mensch zu sein. Hier werde ich als Mensch wahrgenommen und bin kein Objekt mehr. Es gibt liebe Menschen, die mich kennen lernen möchten. Ich will alles Alte ablegen und allen Menschen eine Chance geben. Auch wenn ich im Bus sitze, versuche ich keine Angst zu haben, sondern Normalität zu lernen. Ich glaube, dass nun meine Chance für eine gesunde Zukunft gekommen ist. Manchmal bin ich verschlossen – doch ich will ins Licht schauen und erfüllt sein von Dankbarkeit. Täglich realisiere ich mehr, was Zeit bewirken kann. Es ist ein Wunder. Die Zeit war reif für mich. Ich habe genug geweint und war eine verschlossene Muschel. Seit 10 Monaten war ich nicht mehr in einer Klinik, dies ist die längste Zeit seit meinem ersten Klinikaufenthalt. Drogenkonsum habe ich seither unterlassen. Im Dialogos sind wir mit den Mitarbeitenden per Du, das schätze ich sehr. Ich habe mich sofort entschieden und wollte hierher. Jeder kleine Ausflug ist schön. Auch kreative Angebote kann ich nutzen. Ich habe einmal ins Mikrofon gesungen, das klingt unerwartet. Ich mache Spaziergänge, erkunde die Gegend und finde Freundschaften. Jetzt darf es mir gut gehen. Ich habe das Gefühl, dass ich das verdient habe. Als ich einmal in einer Pflegefamilie platziert wurde, lief ich am ersten Tag wieder weg. Danach durfte ich bei den Eltern bleiben. Meine Eltern haben beide eine schwere Geschichte, sie gaben Beide ihr bestes für mich. Ich möchte lernen, gesund zu leben, bestimmen, was ich wann tue. Menschen sind wichtig, aber auch der Glaube ist eine grosse Quelle. Ich bete zu Gott. Ich nenne ihn Allah und ich erhalte Hilfe von ihm. Er ist immer da, das passt zum Motto: Gemeinsam statt einsam».