Kimi ist 42 Jahre alt und lebte 2012 für zwei Jahre im Dialogos. Er war zuerst im Wohnheim, dann in einer  Aussenwohngruppe und abschliessend in einer Einzelwohnung. Er kam nach einem Klinikaufenthalt und wusste, dass eine Rückkehr ins alte Umfeld nicht mehr möglich war. Er sagte spontan zu als ich ihn anrief und fragte, ob ich ihn besuchen dürfe. Vor dem Austritt lernte Kimi seine Freundin kennen. Die beiden leben seither zusammen mit ihren Katzen und pflegen vorwiegend Kontakt mit den Herkunftsfamilien. Ein feiner Kaffee steht auf dem Tisch, während sich Kimi Zeit nimmt für ein Gespräch.
Er erinnert sich gut an seine Situation vor Dialogos. Er habe damals alles verloren, keinen Job, keine Wohnung, keine Beziehung, Ängste und Depressionen. Ja, er habe getrunken und sei unter dem Nullpunkt gelandet. Die grosszügigen Regelungen durch das Sozialamt seien damals für ihn sehr wichtig gewesen. Auch ein geschützter Arbeitsplatz wurde finanziert, obwohl er keine Rente hatte. Kimi hat seit dem Austritt eine verantwortungsvolle Arbeitsstelle und ist mit einem vollen Arbeitspensum tätig.

«Dialogos war gut für meine innere Sicherheit und Geborgenheit. Unternehmungen halfen mir, wieder aus dem Haus zu kommen. Nach der Klinik war dies meine erste betreute Wohnform. Die gemeinsame Tagesstruktur war wichtig. Meine Bezugsperson begleitete mich zu den Terminen, bis ich wieder selber unterwegs sein konnte. Ich war zwischendurch kreativ und habe auf einem improvisierten Werktisch in der Stube Schreibzeughalter entworfen. Die zunehmende Selbständigkeit und der Wechsel in die Wohnungen war ein wichtiges Übungsfeld für Haushalt, Umgang mit Finanzen und eine Belastungserprobung durch die Arbeit. Die ambulante Psychotherapie besuche ich bis heute. Nach dem Austritt war ich psychisch stabiler und fühlte mich sehr gut. Über mehrere Jahre blieb ich abstinent. Dann habe ich mir in den Ferien wieder einmal ein Bier gegönnt». Kimi wirkt nachdenklich und gibt dann offen Einblick in seine gegenwärtige Situation. Ein Umzug steht bevor und administrative Angelegenheiten schiebe er auf. Post, die in belaste, lasse er in der Schublade verschwinden. Er sei der Versorger und habe auch eine anspruchsvolle Freizeitbeschäftigung. Wenn er seinen Ansprüchen nicht genüge, dann wachse sein innerer Konflikt. Er habe erneut einen Anlauf gemacht und sei dann wieder trocken gewesen. Seit einigen Monaten falle es ihm schwer die Kraft aufzubringen und weiter zu kämpfen. Auch wenn er nur ein bis zwei Bier trinke, so sei dies eine Verlagerung, die für ihn schwerwiegende Folgen haben könnte. Das alles ist ihm bewusst.
«Es ist mir wichtig, zuverlässig zu bleiben und ich weiss, dass ich achtsam unterwegs sein muss. Der Weg zurück in die Gesellschaft hat mich viel gekostet und es bleibt ein täglicher Kampf. Manchmal drehen sich die Gedanken im Kreis. Ich nehme wahr, dass ich eine Auszeit brauche, kann mir dies aber auf verschiedenen Ebenen nicht leisten». Kimi hat viel erreicht, ausdauernd und zielstrebig hat er sich zurückerobert, was er verloren hatte, Arbeit, Wohnung, Führerschein. Bei der Suche nach einem Bild für Kimi fällt meine Wahl auf diesen sonnigen schneebedeckten Acker.

Meine Gedanken verweilen beim Besuch und bei seiner Aussage, dass er sich momentan labil erlebe. Das Leben stellt eigene Forderungen an alle, ungeachtet, ob der Zeitpunkt gerade günstig ist. Ich wünsche Kimi weiterhin Kraft und Ausdauer und ermutige ihn, dran zu bleiben und immer wieder einen Neustart zu wagen.